Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien
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Im Operationssaal sollte jeder Handgriff sitzen, Abläufe müssen stimmen, Teamwork ist gefragt. Was aber, wenn dem Team ein Fehler unterläuft, womöglich Gefahr für Leib und Leben des Patienten droht? „Die spannende Frage ist, wie Teams auf unerwartete Zwischenfälle reagieren, wie sie mit Störungen im Ablauf umgehen“, sagt Prof. Dr. Mona Weiß. Die gebürtige Berlinerin (Jahrgang 1984) ist neue Professorin für Arbeitspsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Im Fokus ihrer Forschung steht das sogenannte Employee Voice, die Frage, ob Mitarbeiter ihre Vorgesetzten auf Fehler hinweisen und ob diese die Hinweise, Kritiken und Meinungen ihrer Mitarbeiter ernst nehmen und im besten Falle einfordern. „Aus der Sozialpsychologie wissen wir, dass Personen, die in einer Gruppenhierarchie untergeordnet sind, ihre Kritik aus Angst vor negativen Konsequenzen eher für sich behalten“, sagt Mona Weiß. In OP-Teams kann aber genau dieses Nichtansprechen von Problemen und Fehlern tödliche Folgen haben. Ziel ihrer Forschung ist es deshalb, die Kommunikation des Teams zu entschlüsseln, zu schauen, wer führt, ob die Aufgaben klar verteilt sind und welche Mechanismen greifen, wenn etwas schiefzugehen droht.
Das Ziel heißt bessere Kommunikation im Team
„Mittlerweile ist in vielen Kliniken die Surgical Safety Checklist der WHO Standard, welche insbesondere darauf abzielt, die Kommunikation und Koordination im Team zu verbessern“, sagt Mona Weiß. Zur Ausbildung von medizinischem Personal gehören darüber hinaus auch verstärkt Simulationen, vergleichbar mit Flugsimulationen in der Pilotenausbildung, bei denen kritische Ereignisse trainiert werden. Für die Arbeitspsychologin steht im Vordergrund, nach Lösungen zu suchen, um die Teamarbeit zu verbessern. „Manchmal hilft es schon, wenn Führungspersonen explizit das Team ermuntern, Fragen zu stellen oder Probleme anzusprechen“, sagt Prof. Weiß. Dies sei im Klinikkontext besonders relevant, da hier immer noch starke Hierarchien die Zusammenarbeit prägen. Ein weiterer Ansatz: Erfahrungen aus vergangener Zusammenarbeit im Team reflektieren. Denn am Ende entscheidet die Leistung des gesamten Teams über das Wohl von Patientinnen und Patienten.
Wer sich jünger fühlt als er ist, kann mehr leisten
Ein weiteres spannendes Forschungsfeld von Mona Weiß ist das Thema Alter und Älterwerden in der Arbeitswelt: „Wir haben festgestellt, dass insbesondere das sogenannte gefühlte Alter sehr bedeutsam im Arbeitskontext ist – mitunter bedeutsamer als das tatsächliche Alter einer Person.“ Heißt beispielsweise, dass ältere Menschen, die sich jünger fühlen als sie sind, häufig auch motivierter bei der Arbeit sind und länger arbeiten wollen. Hier könnten Führungskräfte und Organisationen gezielt ansetzen, um das Potenzial älterer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen besser auszuschöpfen und ihnen nicht Kompetenzen aufgrund von negativen Altersbildern abzusprechen. Viele ältere Menschen wünschten sich zudem eine geregelte Tätigkeit, auch nach dem Renteneintritt. „Das Potenzial älterer Menschen zu nutzen, ist natürlich insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels relevant, sei es im Arbeitskontext, aber auch in Vereinen, Sportgruppen sowie in Kirchen und Gemeinden“, so Weiß.
Im Osten herrscht noch immer eine Aufbruchstimmung
Mona Weiß hat in Halle (Saale) Psychologie studiert und ihr Studium in Erlangen/Nürnberg beendet. Dazwischen lag ein Studienaufenthalt in Brisbane in Australien. Zur Psychologie habe sie ihr Interesse an Menschen geführt, ihre Neugier an menschlichen Motiven und Verhaltensweisen, zudem ein Interesse an medizinischen Fragen. Beides ergänzte sich bestens an der ETH Zürich, wo sie in Kooperation mit dem Universitätsspital Zürich ihre Doktorarbeit mit dem Titel „Speaking up for Patient Safety: Antecedents and Consequences of Voice in Healthcare Teams“ verfasste. Als Postdoc arbeitete Mona Weiß mehrere Jahre an der New York University, ehe sie als Juniorprofessorin an die FU Berlin berufen wurde.
Nun also die Entscheidung für Jena. Ein Grund sei die Aufbruchstimmung im Osten, die noch immer wahrzunehmen sei. Auf Anhieb zugesagt habe ihr zudem der Umgang miteinander am Institut für Psychologie; ein Eindruck, der schon im Bewerbungsverfahren sichtbar geworden sei. Profitieren können davon ihre Studierenden, denen sie die Begeisterung für das Fach weitervermitteln möchte. Die Mutter zweier kleiner Kinder wohnt mit der Familie in Leipzig, findet Jena aber ganz toll. Die Saale erinnere sie an Halle und die Berge weckten Erinnerungen an die Schweiz, sagt Mona Weiß. Ideale Bedingungen für ihre Freizeitbeschäftigungen Laufen, Radfahren und Fotografieren.